Freitag, 25. September 2020

Ordenskultur als Einheitsbrei - was Medien vermitteln

Ist Ordenszugehörigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung Einheitsbrei bzw. immer noch Einheitsbrei?

Ich frage mich das deshalb, weil hinter den Fragen von Journalisten ja oft Konzepte für Stories stecken, die wiederum entweder einer Zielgruppe entsprechen sollen oder als Botschaft vermittelt werden. Natürlich gibt es viele, die wissen, was Zisterzienser sind und die dann die schönen Bauten von verschiedenen Urlaubsreisen im Inneren Revue passieren lassen können, wenn sie das Stichwort Zisterzienserin hören. Doch abgesehen von der Kunst, die man natürlich noch weithin einordnen kann - ist Orden gleich Orden und Nonne gleich Nonne? Ist das in unserer Welt der traurige Rest des Wissens über Institutionen, denen wir einen Großteil unserer abendländischen Kultur verdanken?

Was weiß so mancher Christ in verantwortungsvoller Stellung, der Wissen medial an die Leute bringt, vom Christentum? Okay - das Mönchtum ist heute nicht der Nabel der Welt. Aber es brauchte doch tatsächlich nur einen Orden, wenn Unterschiede gleich Null wären. Reduziert sich selbst kirchenintern das Ordensleben auf die Trias des CIC: Armut, Gehorsam, Keuschheit? Die gleichen Leute, die in ihren Gärten sicher mehr als eine Blumensorte kultivieren, finden Ordensleben als Monokultur absolut ausreichend. Und was kommt dabei dann heraus?

Vor vielen Jahren besuchte ich einmal eine der vielen historischen Zisterzienserstätten in unserem Land und nahm an einer Führung teil. Die die Gruppe durch das Gelände führende Dame erklärte den Leuten dabei ganz selbstverständlich, dass die Mönche dort nach der Regel Benedikts gelebt hätten und Armut, Gehorsam und Keuschheit gelobt hatten. Wusste sie es nicht besser? Es ist wohl zu verlockend, mit einer griffigen Formel alle gleichzusetzen! Gerade, wo Wissen vermittelt werden soll, kann man sich nicht an falsches Allgemeinwissen anbiedern.

Weniger lang ist es her, als mich nach einer Führung für eine Schulklasse, bei der ich die Schöpfungsgeschichte zu Hilfe nahm, um den Kreuzgarten zu erklären, die Lehrerin im Anschluss beiseite nahm und mir erklärte, dass solche Bilder rein gar nichts bewirken, wenn man sie nicht kennt. Sie hatte sich wohlgemerkt nicht daran gestoßen, dass ich den Begriff Kloster aus dem Lateinischen herleitete, das hätte man ja durchaus als zu anspruchsvoll für manch eine siebte Klasse ansehen können, ihr Argument war, dass die Bilder der Schöpfungsgeschichte nicht mehr bekannt sind. Das bedeutete, wenn ich das glauben soll, dass Siebtklässler nicht mehr wissen, wer Adam und Eva waren. Wenn die Paradiesgeschichte aber nicht mehr da ist, wie soll man da vermitteln was die Intention klösterlichen Lebens ist, wie es der Lehrplan der siebten Klasse eigentlich vorsieht? Ist Klosterleben dann ein ganzjähriger Maskenball für schräge Vögel, die gerne in alten Gemäuern zu Hause sind und für Deko-Zwecke gut sind? Ist es nicht Aufgabe einer Bildungseinrichtung, wenigstens ein paar Basics über das Christentum zu vermitteln?

Was ergibt sich historisch aus Vereinfachungen und Gleichmacherei, vielleicht in der Suche nach dem vermeintlich 'Richtigeren'?  Im 12. Jahrhundert kannte jeder die Zisterzienser bzw. die Werte der damals neuen Orden. Die alten waren mit ihren Gebräuchen nicht mehr so interessant. Im 13. Jh. war es die nachhinkende Welle der Frauenklostergründungen, waren es die Franziskaner und Dominikaner, die auch die älteren Orden nun mit ihren Impulsen mitprägten. Danach kamen in ihrer prägenden Bedeutung Kartäuser und Birgitten, obwohl die ersteren schon älter waren. Dann trugen die Karmeliten und Jesuiten ihre Ideen in die Ordenswelt hinein. - So kann man sich dann auch erklären, dass eine historisch gewachsene Zisterzienserinnenbibliothek wie beispielsweise die von Eschenbach, in ihrem  Bestand bevorzugt jesuitische Bücher als Schwerpunkt hatte. - Und: Spätestens nach der Säkularisation zog man vermutlich den Habit eines dem Wohnort nächstgelegenen Klosters an, und unterschied sich dann in ein paar äußeren Gebräuchen, während die Spiritualität der Ordensgemeinschaften eine vergleichbare Ausrichtung hatte. 

Ich kann es nicht besser formulieren, doch vielleicht versteht jemand das umrissene Problem. Während die Wissenschaft sich alle Mühe gibt, die Unterschiede im Detail herauszufinden, gab es vor allem in der jüngeren Geschichte ab dem 19. Jh. im gelebten Vollzug eine Nivellierungstendenz, bei der es im schlimmsten Fall ausreichte, die richtige Habitfarbe zu tragen und die Biografie von Bernhard, Benedikt oder Franziskus als Identitätsmerkmal zu kennen. So ist eben 'Nonne' nicht einmal mehr ein zusammenfassender Oberbegriff wie 'Blume', sondern schon die letzte Spezifizierung, weil ja die Unterkategorien im allgemeinen öffentlichen Bewusstsein kaum mehr existieren. 

Und so nährt ein Journalist ein bekanntes Klischee, wenn er, wie mir kürzlich passiert, fragt, wieso ich in Helfta eintrat, wo es doch soviele Schulschwestern in meiner Heimat gäbe, die sich über Nachwuchs gefreut hätten.