Wenn
man sich über eine Klostergründung bei den frühen Zisterziensern informiert,
liest man oft, dass - in Analogie zu Jesus und den 12 Aposteln - ein Abt mit zwölf
Mönchen als Gründungskonvent ausgesandt wurde. Dies war auch bei den
Benediktinern gängige Praxis. Ergibt sich diese Zahl doch schon aus der Regel,
in der gerade im Abtskapitel deutlich auf Christus und seine Jünger angespielt
wird.[1] Andere
Ordensgemeinschaften (z.B. die Kartäuser) haben auf dieses Leitungsamt
verzichtet, gerade die damals neueren sehr regelbetont lebenden
benediktinischen und zisterziensischen Gemeinschaften nicht. Lieber wurden die
Dekanien abgeschafft, als die Abtswürde preis zu geben. Wie – so möchte ich
fragen – war das Verständnis dieser Leitungsfunktion bei den Ordensfrauen? Und
daraus abgeleitet: wieviel Nonnen gehörten zu einem Gründungskonvent?
Wollte
man hierbei aus dem Regeltext argumentieren, so hatten die meisten neu
entstehenden benediktinischen Frauengemeinschaften der Reformbewegung des 11.
und 12. Jahrhunderts weder eine solche Hierarchie noch ein eigenes Kloster.
Auch ihnen war ein Abt vorgesetzt. Dass eine Frau die von Benedikt in seiner
Regel beschriebene Rolle Christi im Kloster einnehmen konnte, ja, ob die Regel
überhaupt von Frauen so gelebt werden könne, wurde von den Zeitgenossen damals
heftig diskutiert.[2]
Für einen klausurierten Konvent war dann schon eher das Amt einer Magistra
passend, der ein Prior claustralis vorgesetzt war. Unter diesen Voraussetzungen
und eingedenk der mittelalterlichen Zahlensymbolik, kommt dann evtl. doch die Form
der Dekanie hinsichtlich der initialen Zahl zum Zug, denn mit den beiden
Leitungsämtern, ohne die sich ein klausurierter Frauenkonvent nicht vorstellen
lässt, kommt man auf genau die gleiche „Jüngerzahl“ 12, wie sie bei den
Neugründungen der Männerklöster üblich war. Dies für die weiblichen Abteien
weitergedacht, die in der Leitungsebene durch eine ähnliche Doppelspitze repräsentiert waren, müsste man auf genau zehn Schwestern kommen, die mit ihrer
Äbtissin und dem Propst ein neues Kloster besiedelten und als jeweiliges Haupt
den zuständigen Abt eines Nachbarklosters bei den exemten und den Bischof bei
den nicht exemten Klöstern hätten, doch unterliegen die beurkundeten Zahlen dann
doch nicht immer solcher Systematik.
Dass
die Zahl Zehn wie auch die Zwölf voller christlicher Symbolik steckt, dass sie (die
Zehn) in der Gedankenwelt des Mittelalters die Zahl der christlichen
Vollkommenheit darstellte[3],
dürfte bei Gründungen, die mit zehn Ordensfrauen beschrieben wurden, nicht ohne
Hinblick auf diesen Symbolgehalt erfolgt sein.[4] Dass
aber vielfach – je nach Ansehen, Anspruch und Macht von Stiftern oder auch dem
Selbstverständnis einer starken Mutterabtei – die Analogie zu den Männerklöstern
bei der Zahl der gründenden Schwestern (z.B. auch im Hinblick auf die konkurrierende
Macht der weiblichen Reichsstifte) bewusst beansprucht wurde, ist nur zu
menschlich. Doch weichen die wenigen genannten Zahlen insgesamt erheblich
voneinander ab, denn es gab Konventsgründungen mit 7[5], 12[6],
14[7],
16[8]
und sogar 18[9]
Schwestern. Warum das? Steckt ein Gedanke dahinter, war es am Ende doch völlig egal
oder sind die Überlieferung sowie neuzeitliches Wunschdenken schuld? Für die
Zahl Zwölf könnte man vielleicht hie und da auch eine manchmal idealisierte
Zahlenkorrektur annehmen. Die Aussendung von 13 Schwestern kann als Variante
dieser idealen Zahl 12 vor der Äbtissinnenwahl angesehen werden. Doch wie
lassen sich solch krumme zahlenmäßige Überlieferungen wie 14, 16 und 18
erklären?
[1] RB 2,2; 2,5.6.11.12.13.
[2] Vgl. u.a. die Sichtweisen der
Äbtissin Heliosa und des Idung von Prüfening in: Gisela MUSCHIOL,
Klausurkonzepte – Mönche und Nonnen im 12. Jahrhundert, (Habilitationsschrift
Münster 1999) 168-178, 269f, 274.
[3] Vgl. hierzu die Ausführungen zur
mittelalterlichen Zahlensymbolik resultierend aus den exegetischen Werken
großer Theologen in: Joseph SAUER, Symbolik des Kirchengebäudes, (Freiburg im
Breisgau 1924) 61- 87, hier bes. 80.
[4] Eine solche Gründungszahl ist
für Teistungenburg um 1260 belegt: …unanimi
consensus personas decem…, in: Alois SCHMIDT (Bearb.): Urkundenbuch des
Eichsfeldes Teil 1(Magdeburg 1933, Nachdruck Duderstadt 1997) Nr. 414, nachfolgend EUB genannt.
[5] Die Gründungsgemeinschaft des
Klosters Helfta wurde 1229 mit nur sieben Nonnen, die von Halberstadt kamen, angegeben,
welche zunächst bei der Burg Mansfeld ihre erste Bleibe hatten. Wahrscheinlich
handelte es sich bei dieser Konventsgröße zunächst wohl nicht um eine Abtei. Gerlinde
SCHLENKER, Helfta, in: Gerhard SCHLEGEL (Hg.) Repertorium der Zisterzen
in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen, (Langwaden 1998) 288.
[6] Beispielsweise ist das für Egeln
beschrieben: Franz SCHRADER, Egeln, in: Repertorium, 214. Auch das
Neuwerkskloster bei Goslar erhielt einen Gründungskonvent bestehend aus
Äbtissin und 12 Schwestern: ...abbatissa, quam cum conventu duodecim dominarum..., Otto DOBENECKER (Bearb., Hg.) Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae (Jena 1900, Nachdruck Vaduz 2010) Bd. 2, Nr. 769; für Jüterbog ist von 13 Nonnen
aus einem Magdeburger Kloster die Rede, Felix ESCHER; Jüterbog, in:
Repertorium, 303; 13 Nonnen waren 1238 auch die ursprüngliche Konventsstärke
für Kloster Altendorf in Nordhausen, Peter KUHLBRODT, Nordhausen – Altendorfer Kloster,
in: Repertorium, 396.
[7] EUB Nr. 633, Urkunde von 1287 für
Marksußra. Hier war die ursprüngliche Gründung lt. Urkunde EUB Nr. 531 von 1272
von Anrode aus vorgesehen, doch erfolgte diese dann mit 10 Schwestern wahrscheinlich
von Beuren (de Brum?) aus, Anrode gab seinerseits 4 Schwestern dazu. Dies
könnte etwas mit getroffenen Vereinbarungen zutun haben, die durchaus auch in
der Person und Herkunft der vier Anröder Schwestern liegen können. Der eigentliche
Gründungskonvent war hier wohl der mit den zehn Schwestern. Beide Dokumente haben
keine verfügbaren Originale mehr.
[8] St. Marienstern hatte einen
Gründungskonvent aus 16 Schwestern. Matthias KNOBLOCH, Panschwitz-Kuckau / St.
Marienstern, in: Repertorium, 413.
[9] Bischöfliche Gründungsurkunde für Ichtershausen, Orig. ThStA Gotha, Geheimes Archiv, QQ
lf 2.