Donnerstag, 18. Mai 2017

Pudding mit Essig-Öl-Dressing? Süße Kekse mit Chili und Senf?

Die diesjährige Tagung des Mediävistenverbandes beschäftigte sich mit dem Thema "Geheimnis und Verborgenes im Mittelalter". Sicher aus einem völlig anderen Blickwinkel, aber nichtsdestotrotz lebenswichtig, ist die Vermeidung dessen, was mit obiger Überschrift angedeutet ist. Der Idealfall geschwisterlicher Liebe ist es sicher, alles miteinander zu teilen. Dieser wird aber wohl erst im Himmel voll erreicht. Denn Begabungen können begrenzt sein. Das, was dabei herauskommen kann, wenn andere Ihnen, mit dem, was Sie lieben, Gutes tun wollen, kann dann unter Umständen zur leidvollen Erfahrung werden. Da Sie dies aber je nach Be- und Empfindlichkeit Ihrer schenkenden Mitschwester oder Gemeinschaft nicht sagen dürfen, um eine ernsthafte Kränkung zu vermeiden, ist es angemessen, manche Dinge wirklich im Verborgenen zu lassen. Im Kloster besteht ein sehr hohes Interesse am Anderen und die Motive dafür sind sehr sehr unterschiedlich. Der jeweils Schenkende gibt aus seinem Kenntnisstand und seiner persönlichen Vorstellung heraus, sodass es durchaus sein kann, dass das, was außerhalb des Klosters mit einer Sache an Begriffsinhalt verbunden ist und was auch Ihr eigenes Verständnis davon ist, nicht dem entspricht, was sich jemand darunter vorstellt, der schon lange im Kloster ist. Manchmal können Begriffe mit anderen individuellen Assoziationen gefüllt sein. Das kann auf einem falschen Verständnis der Sache bei Erstkontakt mit der Bezeichnung mangels Anschauungsobjekt beruhen, oder aber zwei haben aneinander vorbeigeredet und niemand hat gemerkt, dass der jeweilige Gesprächsgegenstand anders gefüllt war. Es gibt viele Gründe. Das aber, was ein individuell geschätzter externer Referent vermittelt hat, ist je nach individueller Struktur - auch wenn man es vielleicht selbst falsch verstanden hätte - oftmals nicht oder nur mit großer Mühe anzuzweifeln. Das Ergebnis könnte dann Pudding mit Dressing hervorbringen - ist natürlich ein erfundenes Beispiel. Es gibt aber viele Prozesse und geschätzte Sachen, die im Kloster ganz anders ablaufen und aussehen, als ein Externer sie kennt und tun würde. Und wenn dieser Prozess oder dieser Wert Ihnen in hehrer Absicht liebevoll zugedacht wird, kann es unter Umständen für Jahre so sein. Wer möchte seine Lieblingsspeise schon jahrelang beeinträchtigend entstellt zu sich nehmen?
Es empfiehlt sich also manchmal, im eigenen Interesse, persönliche Vorlieben zu hüten, um nicht daran zu leiden.