Sonntag, 11. März 2018

Die Dimension Zeit im Kloster

Wie kann man zeitbezogene monastische Bewegungen historisch fassen? Damit meine ich nicht Weltanschauliches oder Epochales, sondern die Verwandlung mit der und durch die Zeit. Dazu zähle ich auch eine so klassische monastische Tugend wie Geduld. Das ist im Kloster schon eine eigene Größe, die sich aber mangels Fixierbarkeit der Dokumentation entzieht. Klösterliche Entwicklungen, die nicht auf expliziten Entscheidungen beruhen, sind sehr deutlich eine Funktion dieser Größe. Man könnte sagen, vieles liegt an der Ausdauer, mit der man über - für klosterexterne Verhältnisse - elend lange Zeit, seine Anliegen und sein Wollen bewahren muss. Manchmal vergehen Jahrzehnte, bis sich die Möglichkeit ergibt, das endlich zu tun, was man gern tun wollte. Manchmal kann man Veränderung wollen, doch scheint die ganze Welt verschworen, wie sinnig und edel ein Anliegen auch sei. Doch wenn auf einmal an ganz anderer Stelle ein winziges Steinchen rutscht, entstehen langsame Bewegungen des Veränderns, und plötzlich ist das unmerklich eingetreten und alle finden es selbstverständlich, wogegen man sich einst mit Vehemens sperrte. Dazwischen liegen Zeiträume, die Jahre betreffen können, und vieles ist die unendliche Wiederholung unendlicher Gegensätze. Das ist recht spannend. Wie also kann man das Verhältnis zwischen Kontinuität und Dynamik in klösterlichen Gemeinschaften sichtbar machen? Sicher hat es mit Personen zu tun, mit An- und Abwesenheiten in regelmäßigen Vollzügen. Auch wirken Ämterwechsel und veränderte Zuständigkeiten positiv auf generelle Veränderungen, da man sich in unterschiedlichen Kontexten und Konstellationen immer neu und anders begegnet und kennenlernt. Aber wie sieht man daraus hervorgehende Veränderungen im großen Lauf der Geschichte und welche Schlüsse kann man daraus ziehen? Eines steht fest: Zeit hat eine ganz andere Qualität im Kloster.

Montag, 5. März 2018

Sammlergestalten

Wenn man sich mit einzelnen Klöstern befasst, wird man unweigerlich auf Namen von Menschen stoßen, die in oder auch nach der Zeit ihrer Auflösung beauftragt oder in Selbstinitiative äußerst bemüht um das Kulturgut dieser Orte waren. Die Motive waren dabei sicher sehr divers. Die einen wollten retten, was zu retten war. Andere wollten Chroniken schreiben. Dritte huldigten ihrer Sammlerleidenschaft, z.B. für alte Bücher, Musik, Gemälde, Möbel, Kunstgegenstände. Es gab unzählige solcher Sammler und bei der Durchsicht klösterlicher Unterlagen begegnet man auch den Namen, doch bisher hat sich - nach meiner Kenntnis - niemand die Mühe gemacht, sich über einzelne Publikationen im lokalen Kontext  hinaus, einmal mit dieser sicher sehr heterogenen 'Population' von Menschen näher zu befassen, geschweige denn gibt es eine Art Übersichtswerk, wo man sie unter diesem Aspekt zusammengetragen hat. Dies aber wäre, die Voraussetzung dafür, auch die Hinterlassenschaften dieser Personen in größerem Kontext zu sichten und so für die Ordensforschung nutzbar zu machen.
Auch wäre es interessant die klösterlichen Auflösungszeiten einmal aus der Perspektive der Sammler anzusehen, diesbezüglich die Zeit des Humanismus mit der der Romantik zu vergleichen im Hinblick auf das, was angeeignet und was verworfen wurde. 
Interessant für eichsfeldische, hessische und westfälische Klöster wäre beispielsweise der Nachlass des August von Haxthausen, um nur wieder eine Person zu nennen.

Donnerstag, 1. März 2018

Cyriakus Spangenberg und der Nachlass der Klöster

Es war zu Beginn des Jahres 1590, als Cyriakus Spangenberg vom hessischen Schlitz aus seine Qvernfurtische Chronica mit drei Widmungsschreiben versah. In dieser Chronik schildert Spangenberg die Genealogie jenes Adelsgeschlechts und listet im Vorspann auf, was er alles unternommen hat, um an Informationen zu kommen. Allein für das Kloster Helfta, das ja lange unter der Herrschaft der Querfurter Linie der Mansfelder Grafen stand, sind in dem Werk beiläufig viele Informationen gegeben, die keinen anderen Schluss zulassen - teilweise beschreibt er es auch direkt - als dass der Autor originales oder kopiales Material dieses Klosters in den Fingern hatte, zumal er ja dort S. 297 angibt, er habe vor, auch noch eine Chronik von Helfta zu schreiben: "wenn wir einmal / geliebts Gott / des Klosters Helffte Historien beschreiben werden". Wenn er das aber Ende des 16. Jh. schreibt, kann das dazu nutzbare Material dieses Klosters nicht im Bauernkrieg verbrannt sein. Was also ist mit jenem Material geschehen? Einerseits ging es sicher in den Bestand der anderen gräflichen Häuser über, als der letzte katholische Graf Hoyer von Mansfeld verstarb und das Kloster aufgelöst wurde. Andererseits wird man aber auch nicht an allem Interesse gehabt haben, sodass sich ein Sammler, wie eben Cyriakus, sicher auch an manchem bedienen konnte, dies zumindest explorieren und exzerpieren konnte. Damit steht die Frage nach dem Nachlass des Cyriakus Spangenberg, nach Erkundung der Orte der Archivierung seiner Aufzeichnungen und Manuskripte, aber auch nach seiner weiteren Nachkommenschaft und deren Archivalien aus väterlicher Zeit. Immerhin ist Straßburg ja nicht mehr so gleich um die Ecke von Eisleben. Jedenfalls bekundet der Vorspann der eingangs genannten Chronik deutlich, was es Ende des 16. Jahrhunderts noch an Urkundenmaterial, Akten und Briefen aus mitteldeutschen Klöstern gegeben hat. Für urkundliche Überreste des Klosters Helfta wäre also ein erster, sicher arbeitsaufwändiger Schritt, einmal all den Fährten nachzugehen, die sich aus den Spangenbergschen Werken zu diesem Kloster herauslesen lassen und auch die dort genannten Personen in ihrem Wirkungskreis zu verfolgen. Ein paralleler Schritt wäre die Aufarbeitung der Hinterlassenschaften der Mansfelder Grafen und eine Erarbeitung einer Archivgeschichte dieser Grafen vom ausgehenden 16. Jahrhundert bis heute, soweit es sich aus Aufzeichnungen von Ämtern rekonstruieren lässt. Sicher ist es mitunter staubtrocken, herauszufinden, welche Unterlagen wann wo gelagert wurden, aber im Ergebnis einer Entdeckung von Verbreitungswegen allemal lohnend, und dies nicht nur für Helfta.