Donnerstag, 16. März 2017

Das "Nonnenlächeln"...

Als häufiger Gast in Klöstern und Mensch mit einer gewissen Aufmerksamkeit für monastisches Sein, hatte ich oft Gelegenheit, diese kleine Geste aus der Nähe zu erleben oder ihrer gar teilhaftig zu werden. Einerseits ist ein fröhliches Strahlen etwas Wunderschönes und Bereicherndes, doch gar zu oft begegnete mir diese Geste im Laufe der Jahre als etwas Stereotypes, Eingefrorenes, quasi als eine Art Ritus. So liegt es vielleicht nicht ganz fern, sich einmal zu fragen, woher diese Gepflogenheit kommt. Typisch zisterziensisch ist sie vermutlich nicht, da ich einerseits nie etwas Derartiges gelesen habe, es andererseits - nach meiner Beobachtung - fast in jeder weiblichen Ordensgemeinschaft Menschen gibt, die diese Geste pflegen, auch wenn ihnen gar nicht zum Lachen ist, was das Gegenüber häufig auch recht schnell erkennen kann. Interessanterweise habe ich in meinen Begegnungen mit Mönchen ein solches Verhalten nicht sehr oft beobachtet. Was also treibt eine Nonne dazu, sich eine "Immer-nur-lächeln-Aura" zu geben?
Um recht verstanden zu werden - ich gehe hier nicht mit denen ins Gericht, die sich nun einmal so verhalten, sondern möchte danach fragen, was der Hintergrund dieses Tuns ist, gerade, wenn es absolut nicht authentisch wirkt.
Besonders unwirklich wird es vor allem dann, wenn - auch dies habe ich schon erlebt - in einem leicht anderen Kontext von Personen, sich dieselbe Schwester dann verbal nicht nur nicht mehr erbaut, sondern sogar entgegen ihrer zuvor geäußerten Meinung und gar nicht mehr so lächelnd zeigt. Ist es also reine Höflichkeit, die diese Praxis im Nachhinein als unehrlich erweist? Hat es etwas mit einer Art von Missionsbewusstsein zu tun oder ist es eine Form von geübter Askese, die heute niemand mehr so recht versteht? 
Ich glaube nicht, dass es zu allen Zeiten so geübt wurde, wie wir es heute oft sehen. Es könnte eine Modeerscheinung sein, die nur allzu oft mangels Authentizität nicht mehr glaubwürdig vermittelt, was sie einst - ganz positiv gedacht - vermitteln wollte. Ich möchte auch nicht behaupten, dass es solch eine Form - wenn ich sie wertend benennen müsste - von subjektiv wahrgenommener Scheinheiligkeit nicht auch in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens gibt. Doch bei Ordenschristen ist die Erwartungshaltung der Bevölkerung in Sachen Wahrhaftigkeit viel genauer als sonst.
Natürlich gibt es auch Situationen der Hilflosigkeit, in denen verloren gelächelt wird (ganz und gar echt - wie es übrigens ja viele andere auch tun), wo jemand in eine bestimmte Situation gestellt wird, die er mit den ihm dazu gegebenen Möglichkeiten und Mitteln nicht gut meistern kann, eben weil Informationen oder Sachen fehlen. In gewissen Momenten hat sowas aus dem internen Blickwinkel heraus gesehen durchaus auch Sinn, aber eben nicht jenen, den ein Außenstehender nur wahrnehmen kann. Klöster ticken eben anders.
Das einzige, woran ich mich im Zusammenhang mit dem Lächeln erinnern kann, ist eine Passage in einem Buch von Therese von Lisieux, die sich solches Lächeln vorgenommen hatte und in einer ihrer Schriften kommentierte. Da sie ja eine große Ausstrahlung hatte und hat, könnte es sein, dass diese Praxis von daher stammt und ein besonderes Anliegen klösterlicher Erziehung des 20. Jahrhunderts war (vielleicht auch noch hie und da ist?). Ich fände es jedenfalls ganz interessant, dieser Frage einmal mehr Raum zu geben, denn viele Menschen sind heute eher sensibel, wenn es um authentisches Verhalten von Klosterleuten geht.