Sonntag, 2. Februar 2020

Wo hatte Gertrud ihr Grab? - Die häufigste Frage in Helfta.

Eines vorab: Helfta kennt weder die Begräbnisstätte der hl. Gertrud noch verfügt das Kloster über Reliquien dieser Heiligen. Deshalb die Gegenfrage: Wo kommen die Reliquien her, die von Gertrud in Umlauf sind? Und in der Tat gibt es Orte, die über eine authentisch beglaubigte Reliquie verfügen. Da wäre es doch ein interessanter Ansatz, einmal den Weg vom Knochen zum Grab zu gehen, statt umgekehrt. Das ist zwar aufwändig, doch irgendwo ist immer notiert, wer wann eine Reliquie wohin verschenkt hat. So müsste man dann auch schlussendlich zumindest den Namen der Instanz erfahren können, die am Anfang der Vergabe stand.
Gesetzt den Fall, Papst Innozenz XI. hätte 1678 bei der offiziellen Heiligsprechung Reliquien gehabt, so dürfte es darüber sicher auch noch Unterlagen geben. Dann müsste sich auch der Name dessen finden können, der ihre Knochen von Helfta nach Rom geschafft hätte. Und diese Person müsste dann wohl gewusst haben, wo ihr Grab war... Dies zumindest unter der Prämisse, dass es schon lang vorher eine Verehrung gegeben hätte und er nicht geschwindelt hat.
Ist eine Verehrung vor diesem Zeitpunkt nicht der Fall, so muss man annehmen, Gertrud ist als eine unter vielen anderen Mitschwestern bestattet worden. Und dies an einem Ort, der zwischen 1342 und 1525 gar nicht als Klosterort genutzt wurde, da die Schwestern ja ihr Kloster in die Stadt Eisleben verlegt hatten. Haben sie die Knochen aller bis dahin Verstorbenen dorthin mitgenommen? Dann wäre das Grab zwischenzeitlich also in Eisleben gewesen? ... Und dann nach der Reformation wieder zum alten Standort gewandert?... Darüber kann man viel fantasieren. Und dann ist da noch die nachklösterliche Zeit, die ja auch noch vor der Heiligsprechung begann, der dreißigjährige Krieg, dem es Helfta verdankt, dass die alten, bis dahin irgendwie erhaltenen Konventgebäude des Klosterquadrats restlos untergingen. Wer hat sich in jener Zeit um den Erhalt einer klösterlichen Grabstätte gekümmert? Mit dem Verstand will sich mir das alles nicht erschließen.

Andere gehen anders an die Frage heran, wollen aber wahrscheinlich zum gleichen Ziel. Da lautet die Frage dann: Wo hat man früher in einem Frauenkloster bestattet? 
Darüber gibt es sicher ein bisschen mehr an Antwortmöglichkeiten, da es einige Literatur über Frauenklöster gibt, die manchmal auch den Friedhof erwähnen. Und da erfährt man dann, dass es an folgenden Orten sein kann: im Kreuzgang oder an der nördlichen oder südlichen Aussenseite der Kirche, quasi an der Schwelle zum Haus Gottes, wie es im Psalm (Ps 84,10) heißt. Manchmal auch hinter der Ostfassade. Die Äbtissinnen begrub man im Kapitelsaal, der aber in Helfta auch schon lange nicht mehr steht. Dort würde man ja das gesuchte Grab auch nicht finden. Und was würde man denn erwarten, wenn man den Friedhof fände? Beschriftete Knochen? Aufgrund dieser Sachlage hier vor Ort weiß ich irgendwie nicht, wie jene Reliquien, die es gibt, gewonnen worden sind. Nach meiner Kenntnis ist der Platz des mittelalterlichen Nonnenfriedhofs an diesem Ort bis dato unbekannt.