Freitag, 16. Oktober 2020

Von einem Ort zum andern - ein Segen?

Gemeinhin wird man die Frage nach dem Segen eines Ortswechsels mit 'Nein' beantworten. Denn es widerspricht in Klöstern, die nach der Regel des hl. Benedikt leben, dem Gelübde der Stabilitas. Allerdings kommen Umzüge dennoch vor, aus vielfältigen und auch individuellen Gründen. Es gibt ein stilles Wandern von Haus zu Haus. Doch davon soll hier nicht die Rede sein. Es betrifft auch nicht die Mehrheit der Ordensleute.

Zwei Ereignisse sind allerdings besonders geeignet, Ortsveränderungen abzunötigen: Neugründungen und Klosterauflösungen. Der große Unterschied dürfte im Anlass liegen, denn die erste Gruppe bringt Elan mit, manchmal auch das, womit es andernorts Probleme gab. Die zweite Gruppe kennzeichnet Traurigkeit und Wehmut. Der Energiepegel steht kurz vor der vollständigen Akkuentladung. Sie haben etwas verloren, was ihnen sehr lieb war: Ihr Zuhause.

Nichtsdestotrotz kann dies auch positive Folgen haben, gibt doch die neue Mischung am neuen Ort denen, die zuvor noch bis zum Umfallen arbeiteten, nun ein ruhigeres Umfeld zum Einleben, und es verändert dieses Dasein allein durch die Anwesenheit über die Zeit auch die Gemeinschaft am neuen Ort. Und darin liegt eine Chance! Betagte Schwestern haben mitunter viel Lebenserfahrung, die sie einbringen können. Und sie haben gelernt, zu beten, während jüngere Schwestern regelmäßig viel auf ihre eigene Leistung und Intelligenz setzen. So ist eine Auflösung nicht immer nur Drama, sondern auch Geschenk am neuen Ort.
 
Doch auch der erstgenannte Fall bietet Ambivalentes, gerade dann, wenn zuviele und zuviele unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichsten Gemeinschaften eine Neugründung bevölkern. Es dauert mitunter Jahre und Jahrzehnte, bis eine einheitliche Linie gefunden ist, die das Positive aller aufnimmt, bis also eine Gemeinschaft im engeren Sinn entsteht (z.B. auch, wenn Menschen verschiedener Ordensgemeinschaften sich mit der Absicht eines Übertritts sammeln). Ein solches Werden steht und fällt mit der Bereitschaft jedes einzelnen Mitglieds, sich einzubringen, aber auch zurückzunehmen, wo es not tut. Und natürlich ist es dann wichtig, sich auf die Spiritualität des neuen Ordens einzulassen. Wer zuvor franziskanische Wurzeln hatte, erlebt die Praxis benediktinischer Armut anders, denn hier lag der Schwerpunkt schon immer darauf, in Gastfreundschaft dienstbar zu sein. Nicht jeder schafft es, dann auf die zuvor gelebten Prämissen zu verzichten, anders zu werden.

Ortsveränderung ist immer Arbeit! Handgreifliche und geistliche.