Der Heiligenkult
ist Ausdruck privater, aber auch kollektiver Verehrung einer konkreten
Persönlichkeit, die sich durch irgendein besonderes Merkmal christlicher Tugend
auszeichnete. Er ist durch viele Faktoren beeinflussbar und damit in gewissen
Grenzen zeitgebunden. Einen besonderen Stellenwert unter den Heiligen hatten
schon immer die frühchristlichen Märtyrer. Zu ihrer hohen Popularität trug
unter anderem auch die bis ins Hochmittelalter und darüber hinaus gängige
Praxis von Translationen bei, die einem religiösen Zentrum dadurch mehr
Bedeutung und durch die Einrichtung von Wallfahrten reiche Einnahmequellen
verschaffen konnte. Nicht selten wurden dadurch auch mehrere Gedenk- und
Feiertage eines Heiligen im Jahresverlauf üblich. Die Dopplung von Namen trug
ein Übriges zur Vielfalt und später auch zur Verwechslung verschiedener Personen gleichen Namens bei. Da die
Bedeutung der jeweiligen Heiligen im Alltagsleben an eine persönliche Verehrung
und einen regionalen Kult gebunden sind, durch welchen ihr Wirken memoriert
wird, wundert es nicht, dass fast jeder kleinere Heilige neben seinem
ehemaligen Wirk- oder Leidensort auch soetwas wie eine zweite
"Heimat" hat. Dies alles gibt der Kalenderforschung einige
Möglichkeiten der regionalen Einordnung.
Der zisterziensische
Festkalender, wie er in den Ecclesiastica
Officia erwähnt wird[1],
hat trotz der allgemeinen Verbindlichkeit auch Raum für individuelle lokale
Gepflogenheiten gelassen. Nicht umsonst haben die Bollandisten eine ganze Reihe
zisterziensischer Kalender unterschiedlicher Regionen zusammengetragen. Dies
erklärt sich einerseits durch die in der Frühzeit praktizierte Stellung unter
bischöfliche Amtsgewalt und die erst schrittweise Exemtion aus dem
Diözesanverband, in der späteren Zeit durch die Einrichtung von Kongregationen,
durch die das lokale Element gegenüber der zentralistischen
Organisationsstruktur wieder aufgewertet wurde.
Sich auf die
Spuren von Klosterkalendarien u.a. in Psalterien, Brevieren, Missalen,
Sammelhandschriften und Nekrologen zu machen, die hier und da ganz vergessen in
irgendeinem Archiv oder irgendeiner Handschrift schlummern, könnte vor allem
bei den Frauenklöstern auch einiges über die mögliche Herkunft, eventuelle
Filiationszusammenhänge offenlegen und noch Beiträge zu vielen weiteren
Fragestellungen liefern. Überdies dürfte interessant sein, ob und in welcher
Weise Kompromisse in den nichtexemten Frauenklöstern im Vergleich zu den
exemten bezüglich der Festtage notwendig waren. Publikationen solcher
Kalendarien sind bisher selten. Exemplarisch sei in diesem Zusammenhang auf die
Kalendarien aus Königsbruck[2],
Medingen[3], Schmerlenbach[4]
und Billigheim[5] hingewiesen. Weiteres Material scheint es in Gnadenthal und Sonnefeld zu geben, und auch Wechterswinkel hat einen Kalender, wie Helmut Flachenecker zusammenträgt [6]. Die sorgfältige Recherche und dann vor allem die Zusammenschau
solcher publizierter Einzelarbeiten dürften wertvolle Ergebnisse
bringen.
[1] Vgl. die Zusammenstellung der
dort erwähnten Feste in: Ecclesiastica
Officia. Gebräuchebuch der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert, übers.,
bearb. und hrsg. von Hermann M. HERZOG und Johannes MÜLLER (Quellen und Studien
zur Zisterzienserliteratur 7, Langwaden 2003) 499 – 502.
[2] Alfred PFLEGER, Ein Königsbrucker Kalender des 15. Jahrhunderts, Etudes Haguenauiennes (1948) 61-77.
[2] Alfred PFLEGER, Ein Königsbrucker Kalender des 15. Jahrhunderts, Etudes Haguenauiennes (1948) 61-77.
[3]
Wolfgang IRTENKAUF, Vor 500
Jahren: der Medinger Kalender, Heimatkalender
für Stadt und Kreis Uelzen (1998) 135 – 140.
[4] Franziskus Lothar BÜLL, Quellen und Forschungen zur Geschichte der mittelalterlichen Frauenabtei Schmerlenbach im Spessart, (2 Bde. Würzburg 1970, Bd. 2) 754 – 777.
[5] Karl-Heinz MISTELE, Kalendar und Nekrolog des Klosters Billigheim, CistC 69 (1962) 55-68.
[6] Helmut FLACHENECKER, Memoria und Herrschaftssicherung. Vom fränkischen Adel und von frommen Frauen zwischen Spessart und Thüringer Wald, in: Nonnen, Kanonissen, Mystikerinnen. Religiöse Frauengemeinschaften in Süddeutschland, hgg. von Eva SCHLOTHEUBER / Helmut FLACHENECKER / Ingrid GARDILL (Studien zur Germania Sacra 31, Veröffentlichungen des Max-Planck- Instituts für Geschichte 235, Göttingen 2008) 143-177, hier 174f.
[4] Franziskus Lothar BÜLL, Quellen und Forschungen zur Geschichte der mittelalterlichen Frauenabtei Schmerlenbach im Spessart, (2 Bde. Würzburg 1970, Bd. 2) 754 – 777.
[5] Karl-Heinz MISTELE, Kalendar und Nekrolog des Klosters Billigheim, CistC 69 (1962) 55-68.
[6] Helmut FLACHENECKER, Memoria und Herrschaftssicherung. Vom fränkischen Adel und von frommen Frauen zwischen Spessart und Thüringer Wald, in: Nonnen, Kanonissen, Mystikerinnen. Religiöse Frauengemeinschaften in Süddeutschland, hgg. von Eva SCHLOTHEUBER / Helmut FLACHENECKER / Ingrid GARDILL (Studien zur Germania Sacra 31, Veröffentlichungen des Max-Planck- Instituts für Geschichte 235, Göttingen 2008) 143-177, hier 174f.