In
diesem Jahr 2019 feiert der Zisterzienserorden 900 Jahre Carta
Caritatis. Es wird Tagungen, Treffen und auch
Informationsveranstaltungen geben, die dieses Ereignis zu würdigen
suchen.
Auch wir werden mitfeiern.
Wenn
ich so darüber nachdenke, was das bedeutet, dann kommen mir auch ungewöhnliche Gedanken: Welche Bedeutung hat die CC für
die Frauenklöster gehabt? Ja - welchen Stellenwert hatte die Befolgung
von Elementen der CC in der zeitgenössischen Beurteilung für die
Beantwortung der Frage, ob ein Frauenkloster 'OCist' war oder nicht? Woran
machte man denn die 'Ordensmitgliedschaft' fest, die in so mancher
Urkunde aktenkundig wurde, wenn nicht an den 'Consuetudines', anhand
derer ein Auftreten und Praktizieren zum sichtbaren Ausdruck von
Zugehörigkeit wurde?
Wir
feiern nicht 900 Jahre Generalkapitel, wobei es sicher auch schwierig
wäre, festzulegen, wann eine erste solche Veranstaltung stattgefunden
hätte, die größer war als ein gemeinsames Konventkapitel von mehr als
zwei oder drei Häusern und folglich diesen Namen verdiente. Dabei wird
es sicher nicht bloß um die Schwierigkeit einer exakten Terminbestimmung
gehen. Wenn auch die Bedeutung der Generalkapitel in ihrer legislativen
Kraft und in ihrer Flexibilität bezüglich einer zeitnahen Antwort auf
aktuelle Gegebenheiten unbestritten ist, so setzt die Funktion dieses
Gremiums doch eine gemeinsame Richtschnur voraus, eben jene Carta
Caritatis. Was also ist wichtiger - die Satzung oder deren
Aktualisierung?
Der Streit ist alt. Spätestens
seit der Veröffentlichung der Generalkapitelsstatuten durch Canivez,
ist es gängige Praxis, die Zugehörigkeit von Frauenklöstern zum
Zisterzienserorden an irgendeinem GK - Beschluss oder zumindest an einer
erwähnenden Behandlung dort festzumachen. Das mag im 13. Jahrhundert
durchaus plausibel sein. Für das 12. Jahrhundert leuchtet mir das jedoch
nicht ein. Problematisch erscheint mir dabei, dass aus der
Nichterwähnung auf Nichtzugehörigkeit geschlossen wird, obwohl man
manchmal sogar zisterziensische Betreuung nachweisen kann und der
Begriff 'Zisterzienserorden' in den Urkunden fällt: so bei Ichtershausen
und Wechterswinkel beispielsweise. Ist der Inkorporationsbegriff
wirklich und immer noch der 'Stein der Weisen'? Ist die Befolgung einer Observanz, die man ja durchaus als 'imitatio' bezeichnen kann, nämlich als Nachahmung einer gegebenen Ordnung, etwas Unrichtiges? Wer hätte denn schon jedes kleinste Detail im Mutterkloster wirklich exakt an einem neuen Standort identisch nachahmen können? Könnte man nicht auch bei gegebener Observanz und dem Nichtvorhandensein einer Ablehnung durch den Orden auf Zugehörigkeit schließen? Ich meine soetwas wie Sensitivität und Spezifität. Eine gewisse Fehlerrate wird es immer geben. Die Genauigkeit aber liegt auch in der Fragestellung und in den für eine solche Fragestellung erarbeiteten Kriterien.
Ich
finde, es wäre doch ein guter Beitrag, auf dieser Basis nach Indizien für eine Zisterzienserobservanz gemäß der CC in den Archivalien umstrittener
OCist - Frauenklöster zu suchen, beispielsweise anhand der Liturgie, der Feste, der von
benediktinischem Liedgut abweichenden Notationen, der so anderen Hymnen
etc. und diese Hinweise dann auch ernst zu nehmen.