Sonntag, 24. November 2019

Klöster und Branding

Eigentlich war ich auch früher schon beeindruckt, wieviele Produkte es doch gibt, die man mit einem bekannten Klosternamen als "Klosterprodukt" kaufen kann oder solche, die zumindest als Produkt nach Klosterrezept vertrieben werden oder aber noch solche, die zwar weder ein echtes Klosterprodukt sind noch einem klösterlichen Rezept oder Produktionsverfahren folgen, jedoch dennoch mit einem Klostermarketing auftreten, weil der Ort, an dem die Firma produziert, einst ein Kloster oder Klosterort war. Und es werden stetig mehr. Lässt sich das in Zahlen ausdrücken? So klar, wie man meinen möchte, ist der Begriff "Klosterprodukt" ja keineswegs. Von daher lohnte es sich, einmal etwas Ordnung in diese Vielfalt zu bringen.

Was fasziniert daran, mit dem Begriff 'Kloster' und diverser weiterer Begriffe aus diesem Wortfeld ein Produkt zu bewerben? Ist es vielleicht so eine Art Bio - Effekt, der diese Produkte mit einer idealisierten klösterlichen Lebensweise in Verbindung bringt, in der sich vollkommene Sorgfalt und höchste Reinheit mit einer gedanklich egozentrischen Szenerie paaren, in der der Verbraucher einem monastischen Erzeuger ein Leben wie im Paradies, d.h. in einer idyllischen Klosterkulisse in der Stille der Natur und in permanentem inneren Frieden unterstellt? In irgendeiner Form muss da soetwas wie Nostalgie mitspielen. Aber auch die satirische Ebene kommt werbend zur Geltung, wenn es darum geht, als Unternehmen mit diesem Begriff ein Geschäft zu machen. Es gibt also echte und unechte Klosterprodukte, solche, die für die 'Frommen' als Zielgruppe beworben werden und solche, die eher die Distanzierten und Spötter aufs Korn nehmen. Und dann gibt es eben tatsächlich noch die originalen, von monastischer Hand gefertigten und vertriebenen, Klosterprodukte.

Das große Paradox an diesem Markt: Das Interesse am Klosterleben ist mehr als gering. Immer weniger Menschen interessieren sich für einen solchen Lebensweg. Die Zahl derer, die als Ordensleute noch Anteil an solcher Produktion haben, schwindet, und die verbleibenden Mitglieder in den Gemeinschaften müssen zunehmend mehr Arbeitslast übernehmen. Ein riesiger Markt scheint einer aussterbenden Welt den Hof zu machen. Ja - die Attraktivität von Klosterprodukten liegt durchaus im Trend. Die Nachfrage erscheint eher steigend. Und sie wandelt sich auch. Hierauf könnte man einmal ein analytisches wissenschaftliches Auge werfen. Mir ist solche Forschung in größerem Stil nicht bekannt.

Klosterprodukte, Klostermärkte früher und heute, der Weg in die Ladenketten, die Vermarktungsstrategien, die Veränderung von Produkten und Produktionswegen und die Abkopplung der Kloster-Produkte vom Kloster durch Verkauf der Marke oder durch Untergang des Klosters, die Rolle von Transportwegen und - mitteln, auch die Entfremdung der Produkte vom eigentlichen Zweck, dass nämlich der Erlös dem Unterhalt eines Klosters dient - all das wäre ein Blickwinkel über den man noch so manches erforschen könnte, gerade angesichts der großen Veränderungen, die vor allem im 19. und 20. Jahrhundert den Klöstern Anpassungen abverlangten. Und sicher gibt es noch viele weitere Aspekte.