Donnerstag, 22. Dezember 2016

Maria durch ein Dornwald ging

Woher kommt dieses Lied? Man sagt, es sei aus dem Eichsfeld, aus dem 19. Jh. stammend. Andere wieder behaupten - so Wikipedia - (URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_durch_ein_Dornwald_ging, abgerufen am 20.12.2016), dass es bereits im 16. Jh. existiert haben könnte. Kann man da nicht vielleicht noch ein bisschen weiter zurückgehen? Es hat durchaus einen inhaltlichen Bezug zu den Gemälden von Lochner und Schongauer. Dann wären wir schon im 15. Jahrhundert. Und es hat die Form einer Leise. 
Vom Text her müsste man das Lied in den Kontext von Maria Heimsuchung ordnen. Es könnte irgendeinen Stellenwert im Brauchtum dieses Festes gehabt haben und vielleicht auch - neben der Bibel - eine (lat.) Textvorlage, z.B. eine Sequenz.
Andererseits gibt es im Advent das sogenannte "Frautragen", einen heute vielerorts wiederbelebten Brauch, der bis ins 16. Jahrhundert zurückzudatieren sei (vgl. BEITL, Klaus, Frautragen. LThK4 (³1995), Sp.83). Als Element einer gegenreformatorischen-barocken Frömmigkeit wäre der Brauch von den Jesuiten und Franziskanern gefördert worden. Doch was gefördert wird, muss erst einmal da sein. 
Geistliche Spiele wurden jahrhundertelang und werden bis heute in den Klöstern inszeniert. Indizien solcher Inszenierungen, die ja auch hier und da Gegenstand der Forschung sind, werden sich wohl eher auf Zetteln und als Erwähnungen in persönlicher Korrespondenz finden lassen. Im Kloster kann der Beginn des Frautragens von der Kirche zur Zelle der Oberin oder auch der anschließende Ortswechsel von Zelle zu Zelle in Form einer Prozession mit Kerzen und Gesang begangen werden. Die Muttergottesstatue könnte auch ganz schlicht von einer Schwester mit einem Segensgruß vor die nächste Zelle gestellt werden. So wandert die Figur von einer zur anderen. 
Damit wäre ich bei einem gegebenen möglichen Anlass für den Entstehungskontext des obiges Liedes angekommen. Da klausurierte Klöster trotz Klosterregel in ihren Gepflogenheiten ganz individuelle Zusatzriten für die besonderen Ereignisse in den geprägten Zeiten haben konnten, war es auch möglich, dass man ein Lied dafür komponieren konnte, das sich dann in einer Gemeinschaft tradierte. Zu Beginn des 19. Jh. aber sind mit der Säkularisation viele Klöster untergegangen, Ordensleute mussten in ihre Familien, auf jeden Fall in ein säkulares Leben zurückkehren. Dies böte Raum, auch geschätztes Brauchtum in die nichtklösterliche Welt mitzubringen. Und Sammler jeglicher Couleur konnten diese Gelegenheiten für ihre Zwecke nutzen. Auch solchen Dingen könnte man einmal nachgehen. Ich jedenfalls halte das Lied für älter...